Marcus Aurelius Maus(aeus?) Carausius(† 293)

war ein römischer Feldherr, Admiral und Gegenkaiser zu Maximian (Augustus im Westen) und Diocletian (Augustus im Osten), der ein kurzlebiges (287–296) Sonderreich in Britannien und im nördlichen Gallien gründete.

Über die Frage, wann diese letzte große Usurpation des dritten Jahrhunderts genau begonnen hat, gibt es unterschiedliche Meinungen. Dies ist vor allem auf Widersprüchlichkeiten zwischen schriftlichen und numismatischen Quellen zurückzuführen. Münzfunde deuten auf das Jahr 286. Die Schriften von Aurelius Victor, Eutropius und den Panegyrikern legen jedoch eher das Jahr 287 nahe.

 

Carausius wurde als Sohn einer armen Familie aus Menapia geboren, einer Region in den heutigen südlichen Niederlanden. Nachdem er in einem Feldzug Maximians gegen die aufständische Bagauden Galliens eine tragende Rolle gespielt hatte und seither einen ausgezeichneten Ruf als Soldat genoss, wurde ihm das Kommando der Classis Britannica, stationiert in Gesoriacum (Boulogne-sur-Mer), übertragen. Carausius muss ein exzellenter Soldat gewesen sein und nebenbei auch über umfangreiche Kenntnisse in der Seefahrt verfügt haben – wahrscheinlich hatte er in seiner Jugend auf See als Steuermann gearbeitet.

Der Augustus des Westens, Maximian, entschloss sich gegen die Piraterie an beiden Küsten des Ärmelkanals vorzugehen. Im Herbst des Jahres 285 wurde Carausius zunächst damit beauftragt, den Ärmelkanal von den Piraten zu säubern. Eutropius spricht hierbei von Sachsen und Franken, während Aurelius Victor sie einfach nur Germani nennt. Carausius’ Kommando umfasste hierbei auch den Schutz der Küsten der Belgica (heutige Normandie/Belgien) und Armoricas (heutige Bretagne); auch bei diesen Operationen kam die Classis Britannica häufig zum Einsatz. Mit Hilfe seiner Flotte gelang es Carausius, die Piratenplage nach einigen Expeditionen weitgehend unter Kontrolle zu bringen. Danach wurde er aber mit dem Vorwurf konfrontiert, die Beute konfisziert und die Piraten selbst sogar in seine Armee aufgenommen und damit bezahlt zu haben. Es scheint, dass er damit nicht nur die Flotte beträchtlich vergrößerte, sondern ab diesem Zeitpunkt auch sehr gute Verbindungen zu den Franken pflegte.

Der argwöhnische Maximian sah darin die ersten Anzeichen einer aufkeimenden Rebellion seines allzu erfolgreichen und schon viel zu mächtig gewordenen Flottenbefehlshabers. Ob Carausius nun wirklich solches im Sinn hatte, ist nicht mehr zu eruieren; Maximian jedenfalls gab den Befehl aus, ihn zu verhaften und umgehend hinrichten zu lassen. Carausius hingegen erhielt rechtzeitig davon Kenntnis und handelte sofort. Um sein Leben zu retten, rief er sich mit Hilfe seiner Truppen und der Kanalflotte zum Imperator aus.

Im Herbst des Jahres 286 oder im Frühjahr 287 verlegte Carausius seine gesamte Flotte eilig nach dem sicheren Britannien, wo er abwechselnd in Londinium oder im gallischen Gesoriacum residierte. Britannien, das seine Herrschaft anerkannte, fiel vollständig unter seine Kontrolle; später gelangten auch noch große Teile der gallischen Nordküste hinzu, da die Franken weiter zu ihm standen. Hier ist auch die Existenz einer Münzprägestätte des Carausius in Rouen belegt. Durch die Unterstützung der britischen Provinzen und Teilen Nordgalliens befand sich Carausius vorerst in einer starken Position. Trotzdem verstärkte er seine Flotte vorsichtshalber noch zusätzlich durch gallische und fränkische Renegaten.

Oft kann man in der einschlägigen Fachliteratur lesen, dass die Machtübernahme durch Carausius spontan und rasch vonstatten ging, doch finden sich weder bei Aurelius Victor noch bei Eutropius Hinweise, die dies eindeutig bestätigen. In diesem Zusammenhang erscheint auch die u. a. von Sheppard Frere geäußerte Vermutung gerechtfertigt, dass es sich bei diesem Staatsstreich sehr wohl um eine von langer Hand geplante Aktion gehandelt hat. Es stellt sich die Frage, wie es Carausius gelungen ist, so schnell die unumschränkte Macht über Britannien zu ergreifen, ohne dabei auf nennenswerte Gegenwehr von Seiten der britischen Provinzverwaltung oder des dortigen (durchaus kampferprobten) Militärs zu stoßen; über Abwehraktionen sind in keiner Quelle Hinweise zu finden. Möglich wäre also, dass Carausius sich das Wohlwollen und die Unterstützung der in Britannien stationierten Truppen erkauft hat, was in so einem Fall eine altbewährte Praxis war. Entweder ließ er neues Geld prägen oder er konnte tatsächlich auf unterschlagene Mittel zurückgreifen. Eine andere Erklärung wäre, dass Carausius bereits durch einen vorangegangenen Feldzug in Britannien als erfolgreicher Feldherr bekannt und geschätzt war. Diese These ist jedoch umstritten, da es keinerlei schriftliche oder archäologische Beweise dafür gibt.

Was auch immer der tatsächliche Grund für die Akzeptanz der Herrschaft des Carausius in Britannien war, der Usurpator konnte ungestört fast sechs Jahre nach Belieben schalten und walten. Verantwortlich dafür scheint wohl auch der Umstand gewesen zu sein, dass Maximians Armee durch permanenten Druck der Barbaren auf die Rheingrenze so sehr in Anspruch genommen wurde, dass sie zunächst nicht auch noch gegen den weniger gefährlichen Carausius vorgehen konnte.

Im Winter des Jahres 288 aber ordnete Maximian den Bau neuer Schiffe in der Rheinmündung an, befahl nach deren Fertigstellung eine sofortige Seeoperation gegen Britannien und scheiterte damit kläglich.

Die Invasionsflotte besaß wohl nach Überlaufen der römischen Kanalflotte zu Carausius nicht mehr genügend erfahrene Lotsen und Seeleute, die die Besonderheiten dieser tückischen Gewässer kannten. Das notorisch schlechte Wetter in diesen Breiten durchkreuzte noch zusätzlich die Strategie des Kaisers. Britannien war nur schwer zu erobern, den seit etwa 270 von See her einfallenden germanischen Völkern versuchte man mit teilweise neu errichteten, stark befestigten Kastellen an der Sachsenküste Herr zu werden. Diese strategisch wichtigen Festungen und Flottenstationen, wohl bemannt mit Carausius’ loyalsten Offizieren und Soldaten, konnten genauso gut auch römische Invasoren vom Kontinent abwehren.

So musste der blamierte Maximian Carausius weiter gewähren lassen. Aurelius Victor deutet sogar an, dass dessen Herrschaft von Diocletian und Maximian vorerst inoffiziell anerkannt wurde. Die kaiserliche Propaganda verwies im Übrigen auf das schlechte Wetter, um das Desaster zu erklären, doch diente dies augenscheinlich nur als Vorwand, um die erfolgreiche Abwehr der wohl ziemlich dilettantisch durchgeführten Unternehmung in den Hintergrund treten zu lassen.

Carausius versuchte dennoch, sich mit Maximian und Diocletian zu einigen; er übernahm sogar deren Namen in seine Kaisertitulatur (Marcus Aurelius Valerius), gab dazu Münzen aus, auf denen die Portraits aller drei Imperatoren aufgeprägt waren, und versah sie mit der provokanten Inschrift:

CARAUSIUS ET FRATRES SUI („Carausius und seine Brüder“).

Gleichzeitig verteidigte Carausius sein Inselreich erfolgreich gegen Barbareneinfälle. In seinem Auftrag wurde der mittlerweile schon arg baufällig gewordene Hadrianswall wieder instand gesetzt, um auch den Norden seiner Provinzen wieder wirksamer gegen räuberische Pikten und Scoten abzusichern. Wie in seinen früheren Aktionen gegen fränkische Piraten baute Carausius in altbewährter Manier wohl diplomatische Beziehungen zu den nördlichen Barbaren auf, seine dortigen militärischen Erfolge dürften also auch zum Teil auf seine guten Kontakte zu deren Stammesführern zurückzuführen sein.

Die Angelegenheit ruhte nun vorerst für weitere vier Jahre, sodass Carausius seine Herrschaft weiter konsolidieren konnte. Sein Versuch, sich als dritter Augustus im Reich zu etablieren, schrie aber geradezu nach dem längst fälligen Gegenschlag. Der wurde mit einer tief greifenden Verfassungsänderung und der darauf folgenden Einführung der Tetrarchie ab dem Jahr 293 in Gang gesetzt.

 

Der nächste Schritt zur Vernichtung des Carausius war die Erhebung des fähigen und beliebten Heerführers Constantius Chlorus zum Caesar (Mitregenten) Maximians. Auch das leidige Britannienproblem fiel nun in den Zuständigkeitsbereich des neuen Caesars des Westens, der sofort daran ging, diesmal wesentlich gründlicher, die Wiedereroberung dieses Teiles seines Reichs vorzubereiten. Die Ernennung von Constantius Chlorus zum Caesar des Westens kann mit Sicherheit als unverhüllte Kriegserklärung an den Usurpator in Britannien angesehen werden und ist dort wohl auch so verstanden worden. Constantius hatte u. a. die Aufgabe, auch den Nordwesten Galliens wieder in den Reichsverband zurückzuführen, also auch die Provinzen, die im Herrschaftsgebiet des Carausius lagen. Sein erstes Ziel war es daher, diese abtrünnigen Gebiete zurückzuerobern und damit dem Usurpator den ungestörten Zugang zu dem für ihn so wichtigen gallischen Festland abzuschneiden. In einem raschen Feldzug, der von seinem Hauptquartier in Trier seinen Ausgang nahm, ging er ab 293 Schritt für Schritt mit Beharrlichkeit und Effizienz vor. Carausius’ wichtigster Flottenstützpunkt an der Kanalküste, Gesoriacum, wurde von Reichstruppen eingeschlossen und belagert. Indem Constantius einen Damm errichten ließ, der die Hafeneinfahrt blockierte, zwang er die Verteidiger der Stadt bald zur Aufgabe. Danach wurden die Franken von den Kanalinseln und der gallischen Küste vertrieben.

 

Der Verlust der Hafenstadt war für Carausius eine militärische und politische Katastrophe, da seine Macht nun allein auf das weitgehend isolierte Britannien beschränkt war. Gleichzeitig verhinderte auch die wachsende Stärke der Flotte seines Gegners die vollständige Kontrolle über den Ärmelkanal. Als nun für alle offensichtlich sein Glücksstern zu sinken begann, teilte Carausius das Schicksal vieler Usurpatoren. Es bildete sich eine Verschwörung und er wurde von seinem Quästor Allectus oder in dessen Auftrag ermordet.

 

 Zur Münzgeschichte

 

Während der Regierung des Carausius ist eine deutliche Entwicklung der Münzprägung zu verfolgen.Während die ersten Stempel roh und ungelenk geprägt sind, die von anderen Kaisern stammen, werden Stil und Fabrikation der Stücke gegen Ende der Herrschaft hin immer besser. Man will drei verschiedene Münzstätten unterschieden haben, eine in London mit der Signatur L, eine weitere auf dem Kontinent, sowie eine dritte, deren Lage noch nicht eindeutig identifiziert ist. Bemerkenswert ist eine Emission von Denaren unter Carausius; die Stücke haben einen Silbergehalt, wie er etwa 50 Jahre vorher in Gebrauch war. Man nimmt an, dass Carausius in England über genügend Silbervorräte verfügte, um diese begehrten Münzen herzustellen, die überall – auch im Zentralreich – gerne gesehen waren und so seine Propaganda verbreiteten. Aber schon 289 oder früh im Jahr 290 endete IV diese Emission. Vermutlich versuchte Carausius nach seinem Sieg über Maximianus Herculius, den Frieden mit Diocletianus nicht zu gefährden. Er passte geradezu seine Münzen denen der beiden anderen an. Ja, es gibt sogar Emissionen des Carausius im Namen von Diocletianus und Maximianus, die übliche Typen der beiden Kaiser aufnehmen und auf der Vorderseite ihr Porträt und ihre Titulatur tragen. Man erkennt sie als Produkte der Münzwerkstätten des Carausius, weil ihre Rückseitenlegenden stets auf AVGGG enden – als Zeichen dafür dass Carausius sich als den dritten der Augusti verstanden haben wollte.

 

Kaum eine Münzprägung des 3. Jahrhunderts n. Chr. hat in so kurzer Zeit so viele Typen entwickelt wie die des Carausius. Durch Hortfunde sind in den letzten Jahren viele Antoniniane dieses Kaisers auf den Markt gekommen und haben die Preise nach unten verschoben. Hauptsächlich findet man diese Stücke mit den Rückseiten PAX AVG, PROVIDENTIA AVG und LAETITIA AVG. Andere Rückseitenvarianten sind weitaus seltener, werden hier aber nicht anders berechnet, da es in Deutschland kaum Spezialsammler für Carausius gibt, so dass dem Sammler das Porträt des Carausius entscheidend für den Preis ist, nicht die seltene oder häufigere Rückseite.

 

Folgende Vorderseitenvarianten kommen vor:

IMP C CARAVSIVS P (F) AVG

IMP C CARAVSIVS IVG (oder AVG)

IMP CARAVSIVS P (F) AV(G)IMP CARAVSIVS AVG                                       und andere Varianten.

Büste: n. r, gelegentlich n. I., zumeist mit Strahlenkrone, selten mit Lorbeerkranz (Denar), gepanzert und / oder drapiert, zahlreiche Sonderbüsten.

 

Quelle: Kankelfitz, Kampmann, Moneta Romana & Wikipedia